Was ist die Liebe?
Wir suchen zunächst nach „Liebes-Szenen“, in denen wir die Liebe erkennen. Da ist die innere Gewissheit: „Ich bin verliebt!“ – „Ich bin ergriffen von der Liebe zu dir!“ Dann ist da der Enkel, der „Oma!“ ruft und seine kleinen Arme uns entgegen streckt. Wir sind erfüllt von dem Gefühl der erfahrenen Liebe dieses Kindes und unserer Liebe für dieses Kind. Und da ist der wohlwollende Blick auf den anderen: „Ich verurteile dich nicht.“ – „Ich bin dir offen und zugewandt.“ – „Ich bin freundlich zu dir.“ Und schließlich hören wir auch das Gebot: „Liebe deinen Nächsten!“ Und wir erfahren den Blick auf die Erhabenheit der Natur, der uns wie ein Liebender Geborgenheit verspricht.
Wir könnten die Liste der „Liebes-Szenen“ endlos verlängern. Fast scheint es, als hätten alle Erfahrungen des Lebens auf die ein oder andere Weise mit der Liebe zu tun. Wir können jedoch ein wenig ordnen: da ist die Liebe, die uns als Liebende oder Geliebte ergreift, in der wir geborgen sind, der wir aber auch ausgeliefert sind. Eros steht für die emotionale und erotische Seite der Liebe, eine Potentialität, die nicht eingefordert werden kann, nicht erzwungen werden kann, aber auch nicht aufgehalten oder unterdrückt. Und da ist auf der anderen Seite die ethische Haltung des Menschen dem anderen Menschen gegenüber, welche mit den Begriffen „Freundlichkeit“ oder „Wohlwollen“ oder gar „Menschlichkeit“ nicht ausreichend bezeichnet scheint. Es fehlt etwas dann, es wirkt blutleer, allzu kopflastig. Mit dem Begriff „Liebe“ zum anderen hingegen erscheint das ethische Moment in seiner Tiefe begriffen.
Wir können dem Begriff der „Liebe“ nicht gerecht werden, wenn wir ihn auf die eine oder die andere Form begrenzen, jedoch auch nicht wenn wir Eros und Agape vermengen. Es braucht die Kraft der Ergriffenheit ebenso wie die mutige Entscheidung für die Liebe als eine ethische Haltung.